AT24 im Gespräch: Robert Pfurtscheller
People, PorträtSeit 2001 setzt das Innsbrucker Büro Pfurtscheller Madritsch viele Projekte im Kontext nachhaltig Bauen, Re-use, Recycling um. Das Credo von Architekt Robert Pfurtscheller ist: Jegliche bauliche Struktur ist transformierbar! Kreativ bewiesen hat er das schon oft, zum Beispiel auch auf einem Grundstück in seinem Wohnort in Neustift im Stubaital in Tirol. Sein ursprünglicher Entwurf für ein 85 Quadratmeter großes Holzhaus wurde wegen „Ortsunüblichkeit“ nicht genehmigt. Die Architekten Madritsch Pfurtscheller fanden dann eine andere Lösung: Ein 100-jähriger, leerstehender Stadel wurde abgebaut und 800 Meter weiter wieder aufgebaut. Die Fassade blieb unverändert – innen entstanden zeitgenössische Räume mit baukultureller Geschichte. Mehr dazu.
»Die Bauwirtschaft muss sich auf Bauvorhaben beschränken, die wirklich notwendig sind – und das mit zirkulären Methoden.«
Das Thema der Architekturtage 2024 ist „Geht’s noch? Planen und Bauen für eine Gesellschaft im Umbruch“. Was geht Ihrer Meinung nach in diesem Kontext nicht mehr?
Ein absolutes Tabu wird wohl der Abriss von Gebäuden oder baulichen Strukturen aller Art werden müssen. Ein gutes Beispiel ist die Europäische Bürgerinitiative „HouseEurope!“ von b+ Berlin. In meinen Augen ist jegliche bauliche Struktur – auch minderwertige oder gar hässliche – transformierbar!
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen vor denen die Architektur, das Ingenieurswesen und die Baukultur stehen?
Zuvor erwähntes ist natürlich die größte Herausforderung in dem Sinne, dass die Transformierung unserer gebauten Umwelt wiederum ohne allzu großem Ressourcenverbrauch bewerkstelligt werden muss, und das bedeutet wohl einschneidende Abstriche beim Komfort, bei der Bequemlichkeit, bei unseren Standards etc. zu machen – um nicht das allgemein geächtete Wort „Verzicht“ in den Mund nehmen zu müssen!
Was sind Ihre persönlichen drei Wünsche an eine zukunftsfähige Bauwirtschaft und Bausektor?
Die Bauwirtschaft muss sich jedenfalls auf Bauvorhaben beschränken, die wirklich notwendig sind – und das mit zirkulären Methoden. Momentan beschleicht einen das ungute Gefühl, dass es nur um die Ankurbelung der Wirtschaft, der Beschäftigung oder der Spekulation geht… ohne über die vorhergehende Frage überhaupt nachzudenken.
Wie leben und wohnen die Menschen in 50 Jahren?
Die Menschen werden wieder enger zusammenrücken müssen oder vielleicht auch wollen – die Quadratmeter-Wohnfläche pro Kopf ist in den letzten 30 Jahren absurd angestiegen. Es wird auch eine massive Stärkung des Landes im Gegensatz zu den Städten vonnöten sein. Darüber hinaus vielleicht gar nicht so sehr verschieden.
»Ich glaube, im Sinne der Klimagerechtigkeit werden die Antworten zu diesem Themenkomplex nicht wir in der westlichen Welt zu geben haben, sondern es bleibt zu hoffen, dass die Antworten verstärkt aus der sogenannten Dritten Welt kommen werden!«
Experimenteller Kurzfilm über das Scheitern einer Nachnutzung
Konzept: Robert Pfurtscheller
Robert Pfurtscheller hat versucht, eine leerstehende Schule in seinem Heimatort Neustift in Tirol nachzunutzen – ein Projekt, das die Gemeindeführung leider scheitern ließ. Gemeinsam mit seinen Kindern hat er einen Kurzfilm gedreht – unterlegt mit dem Text „das denken des leibes und der architektonische raum“ von Wolfgang Meisenheimer. Wolfgang Meisenheimer ist deutscher Architekt, Hochschullehrer, Autor und Gründer und Leiter der Akademie des Deutschen Werkbundes Nordrhein-Westfalen. Von 1978 bis 1998 war er Professor an der Fachhochschule Düsseldorf für das Lehrgebiet Grundlagen des Entwerfens; dort war er auch neun Jahre Dekan des Fachbereiches Architektur. Meisenheimer fertigte wissenschaftliche Arbeiten zu Grundphänomenen der Architektur (insbesondere Raum- und Zeit-Strukturen).