AT24 im Gespräch: Raffaela Lackner
People, PorträtRaffaela Lackner leitet seit 2011 das Architektur Haus Kärnten in Klagenfurt. Sie kuratiert, programmiert und organisiert interdisziplinäre Vermittlungsformate sowie Prozesse für unterschiedliche Zielgruppen. Unter ihrer Leitung entwickelte sich eine lebendige Plattform und ein Forum für Baukulturvermittlung in Kärnten. Von 2014 bis 2019 kuratierte und organisierte sie das Programm im Domenig Steinhaus am Ossiacher See. 2021 kuratiert sie mit Peter Nigst das Kärntner BAUKULTURJAHR. 2022 kuratierte und organisierte sie gemeinsam mit dem Kurator:innenkollektiv sektion.a das Schwerpunktjahr „Günther Domenig: DIMENSIONAL“ in Kärnten. Sie ist Vorstandsmitglied im Architektur-Spiel-Raum-Kärnten, im Bauarchiv Kärnten im Verein TINAA und Mitglied in weiteren Vereinen und Institutionen der Baukultur in Kärnten.
Gemeinsam mit Elisabeth Leitner startete Raffaela Lackner 2020 den Podcast „Mutige Frauen braucht das Land“. 2021 wurde ihr das Ehrenzeichen des Landes Kärnten für ihre Verdienste um die Architektur und Baukultur in Kärnten von der Kärntner Landesregierung verliehen. 2022 erhielt sie den Würdigungspreis des Landes Kärnten. Sie arbeitet und lebt in Klagenfurt.
Das Thema der Architekturtage 2024 ist „Geht’s noch? Planen und Bauen für eine Gesellschaft im Umbruch“. Was geht Ihrer Meinung nach in diesem Kontext nicht mehr?
Für mich geht es nicht mehr, dass weiterhin wertvoller Boden verbraucht wird, dass der Neubau stärker als die Sanierung gefördert wird, dass Ortszentren leer stehen, dass Leerstand nicht genutzt wird, dass Landschaft verbaut und nicht geschützt wird, dass Autos die Stadtzentren bestimmen, dass regionales Handwerk verloren geht, dass sorglos mit Ressourcen umgegangen wird und dass wir ALLE nur zusehen und nicht selbst aktiv werden.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen vor denen die Architektur, das Ingenieurswesen und die Baukultur stehen?
Wir alle werden unsere Gewohnheiten und Annehmlichkeiten umstellen müssen, damit eine Wende in vielen Bereichen eingeleitet werden kann. Diese Wende umfasst nicht nur das Bauen, sondern alle Bereiche unseres Lebens, denn alles hat miteinander zu tun und begingt sich. Das Bauen als Querschnittsmaterie hat dafür viele unterschiedliche Schrauben, die neu eingestellt oder ausgetauscht werden müssen. Besonders der maßvolle Umgang mit Ressourcen, der Umnutzung von Leerständen, die Schaffung von leistbarem Wohnraum, der Entwicklung von klimaneutralen Baustoffen sowie Baumaterialien und der Wiederentdeckung des einfachen Bauens mit dem Klima und der Landschaft eröffnen möglicherweise neue Chancen für eine Wende. Dafür sind mit Sicherheit neue und innovative politische Rahmenbedingungen und Förderungen notwendig.
Was sind Ihre persönlichen drei Wünsche an eine zukunftsfähige Bauwirtschaft und Bausektor?
Ich wünsche mir
... keine Einfamilienhäuser und Einkaufszentren mehr auf der grünen Wiese und die Umnutzung von Bestandsgebäuden vor Abriss und Neubau.
... einfaches Bauen“ mit nachhaltigen, oder recycelten Baumaterialien und keinen weiteren ungezügelten Ressourcen- und Energieverbrauch.
... Bewusstsein für unsere wunderschöne Landschaft, unsere wertvollen Böden, unsere Berge, Seen und Almen, die wir alle schützen und nicht verbauen dürfen!
Wie leben und wohnen die Menschen in 50 Jahren?
In 50 Jahren, wurden viele Chancen der (Bau)Wende ergriffen und es gibt lebendige Ortszentren mit regionalen Lebensmitteln. In leerstehenden Gebäuden ist neues Leben eingezogen, weil es attraktive Förderungen für junge Familien gibt, die es sich nun leisten können, vor Ort zu bleiben. Es gibt eine gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr, Stadtzentren sind autofrei und laden mit unterschiedlichen öffentlichen Räumen zum Spazieren und Verweilen ein. Unsere Landschaft wird geschützt und es werden neue Energieformen und natürliche Baumaterialien entwickelt. Die KI unterstützt uns beim Leerstandsmanagement, dem Umgang mit dem Energieverbrauch von Gebäuden uvm.