Salzburg: Jugendstil am Salzburger Hauptbahnhof
Gerettetes und Verlorenes
Führung durch: Jana Breuste, Kunsthistorikerin und Christoph Tinzl, Restaurateur
Treffpunkt: Eingangshalle Hbf. Salzburg
Der Salzburger Hauptbahnhof war bis zum Zweiten Weltkrieg ein beispielhaftes Bauwerk für eine Zeit, in der „auch schon die beamteten Architekten den Jugendstil rezipierten“ , so Friedrich Achleitner. Unter Einbindung des lokalen Gewerbes und in Anlehnung an nationale Vorbilder der Metropole Wien, wie Otto Wagners Wiener Stadtbahn-Bauten oder die Gestaltungen der Wiener Werkstätte, gelang es, die bekannte Schlichtheit der Secession mit der notwendigen Industriearchitektur und der repräsentativen Wirkung eines Bahnhofes dieser Bedeutung zu vereinen.
Die Erweiterung des Salzburger Hauptbahnhofs um einen Mittelbahnsteig erfolgte von 1907 bis 1909. Die Durchführung der Projektionsarbeiten oblag der k. k. Staatsbahndirektion Innsbruck, mit der lokalen Bauführung und Bauaufsicht war Architekt Inspektor Ladislaus von Dioszeghy betraut. Die grundlegenden Entwürfe der neuen Bahnhofsanlage, sowie die Detailpläne der eisernen Hallendächer wurden von den Fachtechnikern des Eisenbahnministeriums verfasst, vermutlich vor allem von Johann Granichstaedten.
Mit der Umgestaltung kam es auch zu einer dem Zeitgeschmack entsprechenden Innenausstattung im Stil der Secession bzw. des Jugendstils. Die beiden großen Restaurationen und die Wartesäle am Mittelbahnsteig wurden nach den Entwürfen des Architekten Heinrich Kathrein vom Gewerbeförderungsamt in Wien ausgeführt. Die innere Ausstattung der Empfangshalle im alten Gebäude erfolgte ebenso im Zeitstil nach vom Architekten Hans Granichstaedten verfassten Plänen mit Fliesenbildern mit Salzburger Landschaftsmotiven von Hans Prutscher, Otto Barth, Hans Wilt und Hubert von Zwickle. Die großen Hallenfenster erhielten Kunstverglasungen und zeigten im oberen mittleren bahnseitigen Fenster über dem Tunneleingang das Bildnis Sr. Majestät, darunter den österreichischen Kaiseradler nach Entwürfen von Hans Kalmsteiner.
Das Ensemble der Hochbauten auf dem Mittelbahnsteig des Salzburger Hauptbahnhofes, wies in den letzten Jahren eine inhomogene Struktur auf - durch die immer wieder im Zusammenhang mit der fast 150-jährige Nutzungsgeschichte als Grenzbahnhof erforderlichen Um- und Einbauten sowie Erweiterungen. Trotzdem waren sie mit der sie überspannenden Stahlhalle aber auch 1998 unter Denkmalschutz gestellt worden. Der Eigentümer, die ÖBB, sahen sie dennoch nicht bei einem im gleichen Jahr ausgeschriebenen Wettbewerb für die Erhaltung vor. Am Ende eines langen Diskussionsprozesses zwischen Eigentümer, Planern und der Denkmalpflege, an dem auch die Öffentlichkeit regen Anteil nahm, stand eine Kompromisslösung: der Erhalt der stählernen Hallenkonstruktion nach Translozierung, aber auch der völlige Abbruch der Hochbauten des Mittelperrons und der westlichen Seitenhalle im Jahr 2009.